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Abwehr von freilaufenden Hunden – das nächste Urteil

Dalmatiner

Anfang November haben wir über ein Gerichtsurteil berichtet, das vor allem unter Hundefreunden sehr emotionale Reaktionen ausgelöst hat.

Es ging dabei um einen Jogger, der einen freilaufenden Hund abwehren wollte, sich dabei verletzte und mit seiner Schadensersatzforderung gegen den Hundehalter vom Landgericht Mainz Recht bekam. Die Wogen schlugen hoch, denn viele Hundefreunde sahen darin den Freibrief, freilaufende Hunde mit Tritten abwehren oder traktieren zu können. Nun hat das Amtsgericht Augsburg ein Urteil veröffentlicht, dass in die gleiche Richtung geht.

Begegnung zwischen Hund und Jogger

Ein Hundehalter befand sich mit seinem Dalmatiner auf einem Spaziergang im Sheridan Park in Augsburg. Dabei trafen sie auf einen Jogger. Der Dalmatiner war nicht angeleint und rannte nach der Schilderung des Joggers zähnefletschend auf ihn zu. Etwa bei einer Distanz von anderthalb, zwei Metern löste der Jogger einen Schrillalarm aus und setzte Pfefferspray ein. Das Pfefferspray blieb ohne Wirkung, wegen des Schrillalarms verzog sich der Dalmatiner. Der Hundehalter indes beklagte nach dem Auslösen des Alarmes ein Lärmtrauma, da die Lautstärke des Alarmgebers etwa 110 Dezibel beträgt. Die Folge war ein Tinnitus. Hier klagte der Hundehalter gegenüber dem Jogger auf Schmerzensgeld.

Amtsgericht Augsburg entschied gegen den Hundehalter

Es scheint, als wenn die Richter in Deutschland bei freilaufenden Hunden momentan überhaupt keinen Spaß verstehen. Trotz des erlittenen Tinnitus lehnte das Amtsgericht Augsburg ein Schmerzensgeld seitens des Joggers vollständig ab. Ihm konnte keine Fahrlässigkeit nachgewiesen werden. Personen, die sich nicht mit Hunden auskennen oder sogar Angst vor ihnen haben, dürfen bei einer Annäherung von etwa anderthalb Metern Abwehrmaßnahmen ergreifen. Dazu müssen sie nicht erst warten, bis der Hund zugebissen hat. Dann ist eine Abwehrreaktion unter Umständen nicht mehr möglich.

Keine Leinenpflicht, aber Sorgfaltspflicht

Gassi im Park

Im Sheridan Park besteht keine allgemeine Leinenpflicht. Lediglich sogenannte Kampfhunderassen müssen von ihren Haltern an der Leine geführt werden. Die Richter am Amtsgericht Augsburg vertraten die Ansicht, dass aber auch ohne Leinenpflicht Hundefreunde ein hohes Maß an Verantwortung tragen. In einem öffentlichen Park kommt es naturgemäß zu vielen Begegnungen zwischen Menschen und Hunden. Dabei ist es wichtig, dass nicht angeleinte Hunde abrufbereit sind. Fühlt sich ein Spaziergänger, oder wie in dem geschilderten Fall ein Jogger, gefährdet, so sind Abwehrmaßnahmen gerechtfertigt. Der Hundehalter nahm seine Berufung auf Anraten der Berufungsinstanz zurück.

Ein brauner Labrador Welpe der liegt

Perfekter Schutz im Schadensfall

Hundehaftpflicht im Vergleich.

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Wie sieht die Rechtsprechung allgemein aus?

Grundsätzlich müssen Hunde so geführt werden, dass von ihnen keine Gefahr für Fußgänger oder Radfahrer ausgehen kann. Passiert dennoch etwas, ist in den meisten Fällen der Halter dran. Deshalb ist die Hundehaftpflicht auch eine unverzichtbare Absicherung, wenn es mal bei einem Unfall zu Schmerzensgeldansprüchen und Schadenersatzforderungen kommt. Es ist aber sinnvoll, wenn Jogger und Radfahrer ihr Tempo verlangsamen, wenn sie auf einen freilaufenden Hund treffen. So wies das Oberlandesgericht Koblenz beispielsweise im Jahr 2003 die Schadensersatzansprüche eines Joggers ab, der wegen eines nicht angeleinten Hundes zu Fall kam und sich die Hand brach. Er hatte trotz Entdecken des Hundes sein Tempo nicht reduziert und damit den Spieltrieb ausgelöst. Hier hat sich die Hundehaftpflicht bei der Abwehr von Schadensersatzansprüchen bezahlt gemacht hat.

Das Oberlandesgericht München hingegen sprach einer Radfahrerin im Jahr 2016 ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 € zu. Sie war in einem Münchner Park mit dem Fahrrad unterwegs, als ein Hund ihr vor das Rad sprang. Sie musste ein Ausweichmanöver durchführen und kam dabei zu Fall. Da sie keinen Helm trug, erlitt sie einen Schädelbruch. Die Hundehaftpflicht des Halters wehrte sich zunächst gegen die Höhe des Schmerzensgeldes, zog aber auf Anraten der Berufungsinstanz auch hier die Berufung gegen das Urteil zurück.

Mehr gegenseitige Rücksichtnahme

Wir leben heutzutage in einer Ellenbogen-Gesellschaft. Viele Menschen sind der Meinung, ihr Recht auf die eigene Art und Weise durchzusetzen. Hundefreunde wollen ihren Lieblingen im liebsten überall Auslauf ohne Leine gönnen, Jogger haben keine Lust, bei einer Begegnung mit einem Hund ihr Tempo zu drosseln. Dabei wäre es doch so einfach, wenn beide Seiten etwas mehr Rücksicht zeigen. Einfach den Hund zu sich rufen, am Halsband fassen und den Jogger oder Radfahrer passieren lassen. Wenn diese sich mit ihrem Tempo der Situation anpassen, dann ist doch allen Seiten genüge getan. Ich selber passiere jeden Tag mit dem Rad eine beliebte Hundestrecke entlang eines Baches. Dabei stelle ich fest: Verlangsame ich mein Tempo und klingele rechtzeitig, so nimmt jeder Hundefreund seinen Liebling zu sich. Ein freundliches Dankeschön dazu und dann geht es weiter. Es kann doch so einfach sein.